Mein Weg zum Islam

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Von der Dunkelheit ins Licht

Ich wurde am 8. Januar 1946 in Chemnitz/Ostdeutschland geboren. Mein Vater wollte in seiner Jugend Pfarrer werden, ergriff dann aber einen kaufmännischen Beruf und wurde schließlich Direktor einer großen Firma. Als die Russen nach dem Krieg in Chemnitz einmarschierten, musste er in den Westen fliehen. Dort wurde meine Schwester geboren. Wir beide wurden im christlichen Glauben erzogen, aber nicht streng. Wir besuchten den Kindergottesdienst und pflegten vor dem Essen und dem Einschlafen zu beten.
 
Nach der Volksschule besuchte ich ein Gymnasium, wo sich mein Bedürfnis nach Gerechtigkeit ausprägte. Wir hatten dort einen Religionslehrer, den ich sehr schätzte, aber ich kann mich in dieser Phase meines Lebens nicht als religiösen Menschen bezeichnen. Wegen gesundheitlicher und schulischer Probleme wechselte ich mit 14 Jahren in das evangelische, christliche Internat in Laubach/Oberhessen. Die Trennung von meinen Eltern traf mich nicht so sehr, weil ich an dem neuen Ort viel Freiheit erleben durfte. Bald darauf aber starb mein Vater. Ich hatte mit ihm erhebliche Auseinandersetzungen wegen seiner Rolle im Nationalsozialismus geführt, aber sein Tod hinterließ eine Lücke, die nicht geschlossen werden konnte. Ich beschäftigte mich fortan vor allem mit der englischen und amerikanischen Rock‘n‘Roll-Musik und mit Literatur. Im Alter von 15 Jahren fing ich spontan an, Gedichte zu schreiben. Ich fand bald ältere Schulkameraden, die ebenfalls dichteten, und so bildeten wir eine Gruppe junger Dichter.
 
Meine Mutter hatte sich bei den Elternbeiräten engagiert, die in jeder Schule im Land gewählt wurden, und erreichte bald in dieser Organisation eine hohe Stellung. Dadurch kam ich in Kontakt mit der Organisation der Schulsprecher und wurde dort in die Funktion eines Referenten gewählt, der im Land Hessen zuständig war für Informationen, die an die Schulsprecher durch eine Zeitschrift verteilt wurden. Die Organisation der Schulsprecher arbeitete zusammen mit der Organisation der Schülerzeitungen. Diese Gruppe stand politisch links und war den Thesen des Marxismus zugeneigt. Ich fand dort bald Freunde und übernahm dann in dieser Organisation Ämter. An der Schule war ich rebellisch, ich interessierte mich nicht für das Lernen, sondern beschäftigte mich vor allem mit Musik und Literatur. Ich entdeckte die rebellischen Dichter Amerikas und versuchte, wie sie zu leben und zu schreiben. Bald schon veröffentlichte ich Gedichte in kleinen Zeitschriften und Anthologien.
 
Wegen meines aufsässigen Verhaltens an der Schule musste ich das Gymnasium wechseln. Ich kam nach Oberursel, einer kleinen Stadt in der unmittelbaren Nähe von Frankfurt. Dort bekam ich ein Zimmer. Meine Mutter sah ich nur an den Wochenenden. Auch an der neuen Schule beschäftigte ich mich nicht mit Lernen, sondern weiterhin mit Musik und Literatur, zunehmend aber auch mit Politik. In Westdeutschland gab es zu dieser Zeit den „Ostermarsch der Atomwaffengegner“, bei dem ich mich engagierte. Ich organisierte einen Ortsverein der Atomwaffengegner und Demonstrationen gegen das Militär. Schließlich wurde ich in den Landesausschuss dieser Organisation aufgenommen.
 
Zu dieser Zeit war mir keineswegs bewusst, dass ich noch viele Wege würde gehen müssen, bevor ich mein Ziel finden würde. Ich glaubte, im Sozialismus bereits meine Heimat gefunden zu haben. Ich war Atheist, gab eine eigene Literaturzeitschrift heraus und war bald in Deutschland als revolutionärer Jungdichter bekannt. Ich verweigerte den Militärdienst und wurde als Kriegsdienstgegner anerkannt.
 
Nach dem Abitur trat ich meine Stelle als sogenannter Ersatzdienstleistender an einer Blindenschule in Marburg an. Marburg ist eine Universitätsstadt, die berühmt ist für ihre kommunistischen Studenten. Ich fand dort bald viele Freunde, organisierte weiterhin Demonstrationen, gab meine Literaturzeitschrift heraus und schrieb Gedichte. Meine Arbeit an der Blindenschule war sehr langweilig, und so beschloss ich eines Tages, dort einfach wegzugehen.
 
Das war eine Art Fahnenflucht, aber ich schrieb den zuständigen Behörden, dass ich psychisch nicht in der Lage sei, weiterhin an der Blindenschule zu arbeiten, weil mich das deprimiere. Ich ging also einfach nach Frankfurt und widmete mich vor allem dem Schreiben von Gedichten. Damit hatte ich großen Erfolg. Ich wurde bald in der linken Szene ziemlich bekannt, machte viele Lesungen mit meinen Gedichten und wurde schließlich zu einer Tournee eingeladen, auf der ich zu der in dieser Zeit auftauchenden Beat-Musik meine Lyrik vortragen sollte. Bei dieser Tournee lernte ich einen Dichter aus Holland kennen, der mich mit Haschisch und der Droge LSD bekanntmachte.
 
Ich war fasziniert und überwältigt von den Erlebnissen, die ich durch diese Drogen hatte, und so begann ich, in Vorträgen die Vorzüge von LSD zu preisen, das zu der Zeit noch legal war. Außerdem übernahm ich die Programmleitung in dem bekanntesten politisch-literarischen Club Deutschlands, dem Club Voltaire. Dort lernte ich die ersten Hippies kennen, die mir eine vollkommen neue Art zu leben vorführten.
 
Ich merkte, welche großen Widersprüche bei den sozialistischen Studenten vorhanden waren und legte darum im Frühjahr 1968 meine Arbeit im Club Voltaire nieder und wandte mich den Hippies zu. Das Rauchen von Haschisch und das Einnehmen von LSD wurde so meine alltägliche Praxis. Am 1. Mai 1968 eröffnete ich in Frankfurt am Main einen Laden, in dem all das verkauft wurde, was für Hippies interessant war, also Schallplatten, bestimmte Bücher und Zeitschriften usw. Der Laden wurde in ganz Deutschland sehr schnell bekannt. Ich begann aber auch, Haschisch zu verkaufen und reiste viel umher. Im Herbst 1968 schloss die Polizei den Laden, weil wir illegal Alkohol verkauft hatten. Außerdem hatten wir fast jede Nacht im Laden Parties gefeiert und es war bekannt, dass in unserem Laden auch Drogen genommen wurden.
 
Ich gründete daraufhin eine Musikgruppe und versuchte, nach dem Vorbild einiger Berliner Studenten, die auf engstem Raum zusammenlebten und eine Form des Kommunismus praktizierten, ebenfalls eine „Kommune“ (Gemeinschaft) zu gründen. Aber bald schon merkte ich, dass die Leute, mit denen ich in einem Haus zusammenlebte, mich als Führer haben wollten, während ich davon träumte, als gleicher unter gleichen zu leben.
 
Eines Nachts ging ich also aus dem Haus fort, ohne irgendjemandem zu sagen, wohin ich ging, und flog nach Berlin in die Kommune I. Ich wurde dort auch aufgenommen und führte bald das Rauchen von Haschisch ein. Beim Jahreswechsel 1968/69 nahm ich eine Überdosis einer Droge und erlebte dann 8 Tage und Nächte eine schreckliche Zeit, in der ich nicht schlief und nichts aß und schlimme Ahnungen hatte, dass bald das Jüngste Gericht sein würde und ich streng bestraft würde, weil ich so viele Sünden begangen hatte. Schließlich landete ich im Irrenhaus. Der Rechtsanwalt des großen Verlages, bei dem im Frühjahr 69 mein erster Gedichtband erscheinen sollte, erreichte es dann, dass ich nach 14 Tagen entlassen wurde.
 
Ich ging dann zurück nach Frankfurt, war psychisch aber so zerstört, dass ich nicht mehr schreiben konnte. Meine Ideale waren alle zerbrochen. Der Sozialismus hatte nicht gehalten, was ich mir von ihm versprochen hatte, ich wusste nicht mehr, was ich tun sollte, außer, dass ich nach wie vor daran glaubte, dass Drogen wie Haschisch und LSD, die das Bewusstsein veränderten, der Menschheit helfen könnten, ein besseres Leben zu führen.
 
Also begann ich, in großem Stil diese Drogen zu verkaufen. Ich konnte nicht mehr schreiben und landete wegen psychischer Probleme ein paar Mal in der Irrenanstalt. Zu dieser Zeit beschäftigte ich mich vor allem mit dem Zen-Buddhismus. Dort glaubte ich, ein neues Ziel gefunden zu haben. Als ich merkte, dass es mir nicht besser ging, beschloss ich, zusammen mit meiner Freundin nach Marokko zu reisen, um mich zu erholen. In Marokko angelangt trafen wir eine Gruppe amerikanischer Hippies, die uns Haschisch zu rauchen gaben.
 
Ich fühlte mit einem Male, dass ich ausgenutzt und betrogen wurde. Ich dachte, dass ich in meinem Leben alles falsch gemacht hatte und war verzweifelt, ohne Hoffnung, dass es irgendwann einmal besser werden würde. Ich war jetzt 23 Jahre alt und hatte alle Himmel und Höllen des weltlichen Lebens und seiner künstlichen Paradiese durchlaufen. Mit einem Male sah ich keine Chance mehr, dass es irgendwie besser werden würde. Die einzige Hoffnung, die ich noch hatte, war, LSD zu nehmen und dadurch zu neuer Klarheit und zu einem Durchbruch in neue Sphären zu gelangen. Doch als wir dann mit dem Auto durch Marokko fuhren, wurde alles nur noch schlimmer. Ich spürte plötzlich, wie dicke, ekelhafte Schlangen in mir waren. Es war eine schreckliche Vision. Ich fühlte mich sündhaft und schuldig. Ich war völlig verzweifelt, es gab keinen Ausweg mehr. In dieser Situation begann ich, mir die Kleider vom Leib zu reißen. Ich bat meine Freundin, das Auto anzuhalten. Ich wollte einfach wegrennen. Irgendwohin.
 
Also stieg ich aus dem Auto, nackt, nur einen Rosenkranz mit der Figur des gekreuzigten Jesus um meinen Hals, rannte ich in die Steppe. ich wollte nur weg von allem, alles hinter mich lassen.
 
Plötzlich geschah ein Wunder. Eine unsichtbare Kraft hielt mich fest. Ich stand wie verwurzelt, schaute in den Himmel, und aus meiner Brust kam das Gebet:
"0 Allah, bitte reinige mich!"
 
Ich wusste nicht, wer Allah war, ich hatte keine Ahnung vom Islam, mein Glauben war der Zen-Buddhismus, außerdem hatte ich starke Sympathien für das Christentum, eine Bibel war in meinem Gepäck. Und trotzdem betete ich in dieser verzweifelten Situation nicht zu Jesus und auch nicht zu den buddhistischen Heiligen. Sondern zu Allah. Es geschah nicht, weil ich es so wollte. Es war eine Art Offenbarung. Eine andere, mächtigere Kraft als ich sprach durch mich.
 
Als ich das Gebet gesprochen hatte, hörte ich plötzlich eine Flöte aus den Bergen. Ich fühlte mich mit einem Male wie befreit, besänftigt. Langsam ging ich zurück zum Auto, zog mir die Kleider wieder an, und so fuhren wir nach Marrakesch. Die kommenden Wochen aber brachten noch keine endgültige Änderung in meinem Leben. Immer noch dachte ich, dass ich einen klaren Durchblick bekäme, wenn ich nur zur richtigen Zeit die richtige Droge nehmen würde. Schließlich war ich so verrückt, dass ich meine Freundin aufforderte, sofort mit mir zurück nach Deutschland zu fahren.
 
In den folgenden Wochen erlebte ich aber die Hölle. Auf der Rückfahrt, in Spanien, verließ ich meine Freundin. Die Polizei griff mich auf, brachte mich ins Gefängnis, dann ins Irrenhaus. Schließlich wurde ich gegen eine Kaution von 300 Dollar, das war zu der Zeit sehr viel Geld, freigelassen.
 
Ich kehrte nach Deutschland zurück. Einige Tage später besuchte ich einen alten Hippiefreund. In seiner Wohnung fand ich ein Buch über Yoga, das ich einfach mitnahm. Ich beschloss, ab sofort nach den Regeln des Yoga zu leben. Bald darauf, ich saß vor einer Zeichnung, die zur Konzentration benutzt wird, mit dem Gesicht zur Wand, und meditierte, geschah ein zweites Wunder. Ich hörte mit dem Kopfhörer die einzige Musik, von der ich glaubte, dass sie heilig sei. Es war eine pakistanische Gruppe. Plötzlich stieg aus einem Zeichen auf der Zeichnung, das „OM“ bedeutete, das ein Wort im Hinduismus für Gott ist, ein weißer Blitz. Er fuhr über mich hinweg und ich drehte mich um und dachte, dass er zu einem der Bücher leitete, die dort in meinem Bücherschrank standen. Ich hatte diese Bücher schon seit Jahren nicht mehr angeschaut, ich hatte ja nicht mehr zu Hause, bei meiner Mutter, gewohnt, wo ich jetzt aber lebte, weil ich nicht wusste, wo ich sonst leben sollte. Ich folgte also dem Blitz zu meinem Bücherschrank und plötzlich sah ich einen Qur-ân.
 
Ich dachte, dass das Zeichen auf dem Bild etwas mit diesem Buch zu tun haben müsste und dass der Blitz zu diesem Buch geführt hatte. Also nahm ich das Buch in die Hand, schlug es irgendwo auf und begann zu lesen. Ich hatte nur wenige Zeilen gelesen, als mir plötzlich ganz klar wurde, dass hier Gott zu mir sprach. Dass dieses Buch 100% die Wahrheit sagte. Ich hatte solch ein Gefühl noch nie zuvor gehabt. Weder beim Lesen der Bibel, noch beim Lesen der Buddhistischen Schriften, noch beim Lesen des Yoga-Buches. Die Macht der Wahrheit, die ich nun hier im Qur-ân las, ergriff mich, und ich dachte nur noch eins: das, was hier steht, ist wahr, es ist die Wahrheit, du musst es akzeptieren. Und ich sagte zu mir in meinem Herzen: Jetzt bist du ein Muslim.
 
Als meine Mutter vom Einkaufen zurückkam, sagte ich ihr: »Mutti, ich bin Muslim geworden.« Sie hatte ja schon viel mit mir durchgemacht, aber als ich ihr das sagte, sagte sie nur: „Du bist verrückt geworden.“ Ich aber glaubte, dass ich nun endlich die Wahrheit gefunden hatte. Ich hatte aber keine Ahnung, wie ich als Muslim leben sollte. Einige Zeit später las ich in der Zeitung, dass der Fastenmonat Ramadan angefangen hätte. Also wollte ich auch fasten, aber ich wusste nicht wie. Schließlich kam ich auf die Idee, herauszufinden, ob es in Frankfurt eine Moschee gäbe. Im Telefonbuch fand ich aber nichts. Also rief ich die Konsulate der arabischen Länder an, die es in Frankfurt gab. Aber niemand konnte mir helfen. Schließlich war nur noch ein Konsulat übrig, das vom Libanon. Und dort gab man mir zur Auskunft, dass es in Frankfurt die Nuur-Moschee gäbe. So rief ich dort an, und man schickte mir einen Plan mit den Zeiten, wann das Fasten beginnt und wann es endet.
 
Ich aber beschloss, zur Moschee zu gehen und zu sehen, ob man mir dort weiterhelfen würde. Ich war psychisch noch sehr krank und hatte Angst, mit dem Bus dorthin zu fahren. Also ging ich zu Fuß den sehr langen Weg zur Moschee. Ich sah schrecklich aus. In Spanien im Gefängnis hatte man mir eine Glatze geschnitten. Ich trug eine schmutzige Blue-Jeans und eine kaputte Lederjacke. Aber als ich nach langer Wanderung voller Angst in die Moschee kam, nahm mich der Imam, Masud Jhelumi, sofort voller Liebe auf. So wie ein Vater seinen verlorenen Sohn. Er gab mir eine bessere Qur-ân-Übersetzung und ein Buch, aus dem ich das islamische Gebet lernen konnte. Außerdem gab er mir ein Büchlein, das hieß „Unsere Lehre“ und war von Hazrat Mirza Ghulam Ahmad (as).
 
Zurück in der Wohnung meiner Mutter begann ich das Gebet zu lernen, und ich las das Büchlein, aber ich verstand es nicht richtig. Alles, was ich begriff, war, dass der Mann, der es geschrieben hatte, eine sehr heilige Person gewesen sein musste. Nachdem ich das arabische Gebet gelernt hatte, begann ich, regelmäßig zu beten, so, wie es die Muslime tun. Ich ging regelmäßig in die Moschee. Der Imam war sehr liebenswürdig zu mir.
 
Im Gebet machte ich sehr tiefe Erfahrungen. Ich weinte vor Allah wie ein kleines Kind. Dann hatte ich einen Traum, in dem ich sah, dass ich von Engeln in die Höhe gezogen wurde und dabei meine Stiefel verlor. Die Stiefel waren für mich in der letzten Zeit ein Symbol für den Teufel gewesen. Ich war also sehr glücklich auf meinem neuen Weg. Als der Ramadan zu Ende war, dachte ich aber immer noch, dass ich sehr viele Sünden begangen habe. Ich hatte daher den großen Wunsch, nach Mekka zu pilgern.
Im Grunde genommen wusste ich nichts von der Hadsch. Aber ich beschloss, die Hadsch zu machen. Kurz nach Weihnachten nahm ich eines Morgens meinen Schlafsack, packte ein paar Orangen und ein paar Brote hinein, ging zur Autobahn und trampte davon. Ich hinterließ keine Nachricht, wohin ich gegangen sei. Nach wenigen Tagen war ich in Spanien. Ich hatte kaum Geld, und als ich mit der Fähre nach Marokko übersetzte, hatte ich praktisch nur die Idee, an der afrikanischen Küste entlangzutrampen, um dann irgendwie nach Saudi-Arabien zu gelangen.
 
Zu meinem großen Entsetzen ließen mich die Zöllner aber nicht nach Marokko. Ich zeigte ihnen meinen Qur-ân, der arabisch und deutsch war. Ich sagte die Sura Fateha auf Arabisch auf. Aber sie verboten mir die Einreise. Eine sehr traurige Zeit begann. Ich wurde von der Polizei aufgegriffen, ins Gefängnis gebracht und ich wurde krank. Ich war mutterseelenallein, ich hatte keine Freunde, und das einzige, was mich am Leben hielt, war das Gebet und der Qur-ân. Aus dem Krankenhaus brachte mich die Polizei schließlich wieder in das Gefängnis, aus dem ich im Jahr zuvor gegen Kaution entlassen worden war. Dort lernte ich einen jungen Muslim kennen, mit dem ich betete. Nach 14 Tagen schließlich war meine Verhandlung, und ich wurde zu der Zeit Gefängnis verurteilt, die ich bereits abgesessen hatte. Ich dachte mir, dass ich dann die Kaution zurückbekommen müßte, die ich im Jahr zuvor bezahlt hatte. Tatsächlich war mein Pflichtverteidiger so freundlich, sich darum zu kümmern, und nach 10 Tagen, die ich in Granada im Schatten der großen Alhambra verbrachte, bekam ich mein Geld ausbezahlt.
 
Ich dachte, dass die Zöllner in Marokko mich nunmehr ins Land lassen würden, wenn ich ihnen das viele Geld zeigte. Also trampte ich wieder zur Grenze. Die Zöllner aber sahen, dass ich eine Glatze hatte, die ich im Gefängnis wieder geschnitten bekommen hatte. Also dachten sie, ich sei ein Verbrecher und verboten mir wiederum die Einreise. Ich war verzweifelt und fragte mich, warum Allah mir nicht erlauben würde, nach Mekka zu pilgern.
 
Nahe der Grenze war eine spanische Siedlung, und dort gab es eine Moschee. Ich ging in die Moschee, obwohl an der Tür stand, dass Nichtmoslems nicht in die Moschee gehen dürften. Ich verrichtete mein Gebet, und als ich mitten im Gebet war, kam ein Mann zu mir und begann, mich zu rütteln und zu schütteln. Ich dachte, warum stört mich dieser Mann in meinem Gebet, er sieht doch, dass ich bete. Als ich fertig war, ging ich in den kleinen Hof vor der Moschee. Dort saß der Mann, vielleicht der Imam, zusammen mit zwei, drei anderen Muslimen. Ich sagte die Kalima und zeigte meinen arabisch-deutschen Qur-ân. Dann sagte ich, dass ich mit ihnen das Maghrib-Gebet verrichten wollte, denn die Sonne war am untergehn. Aber sie sagten nur, ich solle die Moschee verlassen. Sie waren sehr böse mit mir und glaubten nicht, dass ich ein Muslim war, obwohl ich, gerade gebetet hatte und ihnen auf Arabisch Gebete vorsagte. Sie aber vertrieben mich aus der Moschee. Ich war sehr, sehr unglücklich und fragte mich, warum Allah mir nun sogar verbot, zusammen mit anderen Muslimen zu beten.
 
Vor der Moschee traf ich ein paar kleine arabische Jungs. Ich sagte ihnen die Sura AI-Fateha vor, und ein kleiner Junge sagte auch die Sure AI-Fateha. Als ich hörte, wie schön er betete, bekam ich große Sehnsucht, und plötzlich dachte ich, daß es falsch gewesen sei, einfach aus Frankfurt wegzugehen, ohne irgendjemandem Bescheid zu geben, und daß ich erst in Deutschland meine Probleme lösen müßte und meine Schuld bezahlen müßte, ehe ich die Hadsch machen könnte. Also trampte ich zurück nach Deutschland.
 
Am Tag, nachdem ich wieder in Frankfurt angekommen war, ging ich in die Moschee. Ich wußte nicht, daß es Freitag war und daß am Freitag das Jumma-Gebet stattfindet. Es war nur mein Wunsch, in der Moschee zu beten und den Imam wiederzusehen. Als ich an der Moschee ankam und durch die große Tür in den Gebetsraum gehen wollte, kam ein Mann auf mich zu und sagte: »Sie dürfen hier nicht rein.« Ich war furchtbar traurig. Warum erlaubte Allah mir nun noch nicht einmal, in dieser Moschee zu beten, in der ich doch schon so oft gebetet hatte? Ich dachte nur, daß meine Sünden so groß seien, daß ich sie nur durch ein großes Opfer auslöschen könnte. Ich war so naiv wie ein kleines Kind. Mein einziges Ziel war, die Vergebung meiner Sünden durch Allah zu erlangen.
 
Wie ich so dastand, durchzuckte ein Gedanke meinen Kopf. Ich dachte, ich habe nichts, was ich opfern könnte. Zumindest nichts, das für mich ein wirkliches Opfer bedeuten würde, so wie Allah im Qur-ân sagt: »Ihr könnt so lange keine Rechtschaffenheit erreichen, bis ihr nicht das spendet, was ihr liebt.« Ich dachte, das einzige, das mir etwas bedeutet, sind meine Augen. Ich hatte große Angst, meine Augen zu verlieren. Und so beschloß ich, zu Allah zu beten, o Allah, ich opfere Dir meine Augen, wenn Du erlaubst, daß ich jetzt in dieser Moschee beten darf. Als ich das in meinem Herzen gebetet hatte, sah ich plötzlich ein Schild an der Moschee-Mauer, darauf stand, daß der Eingang an einer anderen Tür sei. Also verließ ich den Mann, der mir eben verboten hatte, in die Moschee zu gehen, und ich ging zu dieser anderen Tür. Aber dort stand auch ein Mann, und als ich sagte, ich möchte in die Moschee, sagte er, nein. Ich war bestürzt, und ich wiederholte das Gebet, das ich zuvor gebetet hatte. Plötzlich kam ein anderer Mann an die Tür. Er schaute mir in die Augen und sagte plötzlich auf Englisch, daß ich in die Moschee gehen dürfe. Ich war überglücklich. In der Moschee aber saßen bereits einige Gläubige. Ich verrichtete meine Rakats und blieb danach in der Moschee sitzen.
 
 
Ich sah, daß an einem Pult ein Mann mit langem Bart und großem Turban stand, der in einer Sprache redete, die ich nicht verstand. Ich wußte nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Nach einiger Zeit hörte der Mann auf zu reden und kniete sich hinter dem Pult nieder, so daß man ihn nicht sehen konnte. Ich begriff nicht, was es damit auf sich hatte, denn ich hatte noch nie zuvor ein Jumma-Gebet mitgemacht und wußte nicht, daß der Imam nach der Khutba sich zu einem Gebet niederkniet.
 
Dann aber geschah es. Als der Mann wieder aufstand, drangen plötzlich aus seinen beiden Augen zwei dicke, weiße Strahlen, wie Laser-Strahlen, und sie drangen in meine Augen. Ich war wie geblendet und wußte nicht, wie mir geschah. Aber ich hatte keine Zeit, um nachzudenken, denn die Muslime standen auf und reihten sich zum Gebet. Ich betete mit, und danach begann der alte Mann, mit den Gläubigen zu sprechen, und er sprach auch mich an. Ich aber war so verwirrt, daß ich keine Antwort geben konnte.
 
Dann ging ich nach Hause. Später habe ich dann erfahren, was das alles bedeutete. Der Mann mit dem weißen Turban war der 3. Khalif der Ahmadiyya-Muslim-Jamaat, die die Nuur-Moschee gebaut hatte. Er war gerade zu einem Besuch in Deutschland, und da auf seinen Vorgänger einmal ein Attentat verübt worden war, wurde er von Leibwächtern beschützt. Als mich der erste Leibwächter gesehen hatte, dachte er, daß ich wie eine gefährliche Person aussah. Er kannte mich nicht, und um den Khalifen zu beschützen, verbot er mir das Betreten der Moschee. Der Mann, der mich dann doch in die Moschee ließ, war der engste Leibwächter des Khalifen. Er muß von Allah ein Zeichen bekommen haben, daß ich nicht gefährlich war. Die Strahlen, die aus den Augen des Khalifen kamen und in mich drangen, waren eine Vision, die Allah mir gewährte, weil ich zuvor das naive Gebet gesprochen hatte, das praktisch meine völlige Unterwerfung unter Seinen Willen bedeutete. Daß die Strahlen weiß waren, zeigte, wie die islamische Mystik erklärt, daß die Person, von der sie ausgingen, erleuchtet ist.
 
Einige Zeit später habe ich dann den Khalifen gebeten, mich in die Ahmadiyya-Muslim-Jamaat aufzunehmen. Ich hatte das Büchlein „Unsere Lehre“ dann richtig verstanden, es war von dem Begründer der Ahmadiyya-Muslim-Jamaat geschrieben worden, der der Mahdi des Islams war und die Wiederkunft von Jesus, die vom Heiligen Propheten Mohammad, Frieden und Segen Allahs seien auf ihm, prophezeit worden war. Der Heilige Prophet Mohammad, Frieden und Segnungen Allahs seien auf ihm, hatte auch gesagt, daß alle Muslime in die Gemeinde des Mahdis eintreten sollen.
 
Durch die Gnade Allahs war ich in seine Gemeinde eingeführt worden. Und weil es kein Mensch war, der mich geleitet hatte, sondern weil ich durch Allah Selbst geleitet worden war, gab mir der Khalif, als ich ihn um einen islamischen Namen bat, den Namen Hadayatullah, das heißt: „Der von Allah geleitete.“
 
Unser letztes Wort aber sei:  
"Aller Preis gebührt Allah!"