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Hadayatullah Hübsch (* 8. Januar 1946 in Chemnitz als Paul-Gerhard Hübsch; † 4. Januar 2011 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist, Aktivist der 68er-Bewegung und langjähriger Pressesprecher der Ahmadiyya Muslim Jamaat in der Bundesrepublik Deutschland e. V. Er war in der Nuur-Moschee in Frankfurt Imam Dschuma (Leiter der Freitagspredigt).

Leben und Arbeit

Paul-Gerhard Hübsch besuchte in Laubach (Oberhessen) die Paul Gerhardt-Schule[1], aus der später das Laubach-Kolleg hervorging. Er war zwischen 1965 und 1967 politisch aktiv als Mitglied im Hessischen Ausschuss des Ostermarsch und leitete Ostermarsch Gruppen sowie Anti-Vietnam Demonstrationen. Hübsch verweigerte den Kriegsdienst und war während der Studentenunruhen der APO in der linken Szene aktiv, unter anderem der Kommune 1 und machte in dieser Zeit zahlreiche Drogenerfahrungen, vor allem mit LSD. 1969 trat der Schriftsteller Hübsch nach einer spirituellen Erfahrung während einer Reise nach Marokko in die islamische Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya Muslim Jamaat ein und hieß fortan Hadayatullah (‏ھدایۃ ﷲ‎, ‚der von Allah geleitete‘). Er war Imam Dschuma in der Nuur-Moschee in Frankfurt-Sachsenhausen, wo er die Freitagspredigt auf Deutsch hielt und galt als einer der bekanntesten deutschen Konvertiten.

Acht Jahre war Hübsch für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig, die auch seine Gedichte veröffentlichte bis er 1979 nach seiner Konversion zum Islam eine bekannt gewordene Kündigung bekam in der es zur Begründung heißt, Hübsch sei „eine außergewöhnliche, jeglichen bürgerlichen Rahmen des Abendlands sprengende Erscheinung.“[2]

Von 1991 bis 1998 war Hübsch Vorsitzender des „Verbandes deutscher Schriftsteller“ in Hessen und arbeitete für den Ethikrat des Landes[3].

Hübsch veröffentlichte in diversen überregionalen Tageszeitungen, wie Die Welt, taz und Süddeutsche Zeitung sowie diversen alternativen Literaturzeitschrift wie Ulcus Molle Info, Der Metzger und Die Brücke – Forum für antirassistische Politik und Kultur.

Hübsch schrieb neben Lyrik auch Prosa, Essays, Romane und Satiren sowie Sachbücher zum Islam und Pop- und Rockmusik und widmete sich der Collage Kunst, die er ausstellte[4]. Als Journalist verfasste er Rezensionen, Rundfunkbeiträge, Features und Magazinbeiträge. Er war Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre als Reporter und Feature-Autor für den Jugendfunk des hr. Von ihm erschienen noch unter dem Namen Paul Gerhard Hübsch um 1970 mehrere Gedichtbände bei Luchterhand, im Maro Verlag und in der Verlagsedition Dittmer[5]. Hübsch gab die Literaturzeitschriften „törn“ und „Holunderground“ heraus.

Er schrieb mehrere Hörspiele und veröffentlichte über 100 Bücher (2002 erschien eine Übersicht seiner bisherigen Bücher: „Die ersten Hundert“[6]), darunter vor allem Gedichtbände sowie Sachbücher, davon zahlreiche über den Islam: Der Weg Mohammeds, Prophezeiungen des Islam, Fanatische Krieger im Namen Allahs. Er übersetzte zahlreiche Bücher aus dem Englischen ins Deutsche, darunter Jesus in Indien oder das islamische Standardwerk Muslimische Heilige und Mystiker (Tadhkirat al-auliya) von Fariduddin Attar. Seit 1990 leitete er den Verlag Der Islam. Seine Bücher über den Islam sind von einer islamischen Haltung geprägt, die auf den Lehren der islamischen Reformbewegung Ahmadiyya Muslim Jamaat basiert. Der Hessischer Minister für Justiz, für Integration und Europa Jörg-Uwe Hahn sagte, Hübsch stelle „wie kaum ein anderer eine Brücke zwischen den Welten da“ und stehe als „einer der prominentesten deutschen Konvertiten“ für einen „liberalen Islam“[7]. Als langjähriger Pressesprecher der islamischen Reformgemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat setzte Hübsch sich für den interreligiösen Dialog ein und hielt deutschlandweite Vorträge über den Islam.

In Frankfurt war Hübsch Mitbegründer des linksalternativen Club Voltaires[8] und eröffnete den ersten alternativen Buchladen in Deutschland, den »Heidi Loves You«-Shop in Frankfurt-Bockenheim[9].

Hübsch war auch Gastautor und Interviewpartner der linken Jungen Welt und rechten Jungen Freiheit, mit Beiträgen über den Islam und Integration. Sein Versuch über die Publikationen in neurechten Organen für ein Verständnis gegenüber Migranten und dem Islam zu werben, wurde teilweise heftig kritisiert. Hübsch nahm Stellung zu den Vorwürfen in seinem Text „Von der Liebe zur Wahrheit“[10] in dem er auf sein jahrzehntelanges politisches und literarisches Engagement gegen Rassismus verwies und erklärte, jede Gelegenheit nutzen zu wollen, um aufzuklären, deswegen gebe er auch der BILD-Zeitung Interviews. Gegenüber der taz erklärte Hübsch in einem Interview, „er sei vor einigen Jahren blauäugig in die Geschichte mit der Jungen Freiheit gegangen.“[11] Als Islamexperte tratt er unter anderem bei Maybrit Illner (ZDF) und Friedman (N24), sowie bei diversen Diskussionsrunden in Bürgerkanälen auf.

Seine Lebenserinnerungen erschienen 1991 unter dem Titel Keine Zeit für Trips. 1998 veröffentlichte er eine Zusammenfassung seines Lebens unter dem Titel Alles war Geheimnis in der Anthologie Bye-bye ’68 von Claus Wolfschlag. Er arbeitete zuletzt an seinem Buch Der Muslimische Witz[12]. Hübsch war zweimal verheiratet und hatte acht Kinder. Die Journalistin Khola Maryam Hübsch ist seine Tochter. Hübsch starb am Morgen des 4. Januar 2011.[13] Am ersten Jahrestag seines Todes fand das 1. Poetry Memorial für Hadayatullah Hübsch statt, das vom Verband deutscher Schriftsteller Hessen organisiert wurde.

Lyrik

Hübschs literarische Laufbahn begann mit einer Veröffentlichung in der von Peter Rühmkorf herausgegebenen, viel beachteten Sammlung Primanerlyrik – Primanerprosa[14]. 1969 veröffentlichte Hübsch seinen ersten Gedichtband Mach was du willst bei Luchterhand. Der ebenfalls bei Luchterhand veröffentlichende, spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass prophezeite Hübsch daraufhin eine große Karriere als Lyriker[15]; Hübsch bevorzugte es jedoch Undergroundpoet jenseits des Mainstreams zu bleiben.[16]

Hübschs Lyrik war inspiriert von experimenteller Literatur, dem Dadaismus und expressionistischer Lyrik. Später haben ihn die Beatliteraten geprägt, vor allem Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Jack Kerouac. Nach seiner Konversion zum Islam war seine Lyrik zusätzlich von der mystischen Poesie Persiens von Hafis, Rumi und Sadi beeinflusst.

Hübsch war ein Spoken Word Dichter, der die literarische Strömung des deutschen Poetry Slam mitbegründete und Namensvater des ersten Social-Beat Festivals in Berlin war[17]. Er gilt als „Urgestein“[18] und „Legende“[19] der Social-Beat Szene und Lyrik Perfomance. Er war deutschlandweit unterwegs auf Lesetouren und förderte junge Nachwuchsliteraten. 1996 wurde er zum Deutschen Literatur Meister beim internationalen Poetry Slam gewählt. Er wurde mit Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt dem 12. Nahbellpreis.

Unter dem englischen Kürzel „P.G.“[20], einer Abkürzung seines christlichen Namens, den er in Anlehnung an den bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichter Paul-Gerhard erhalten hatte, war er in den 1960er und 70er Zeit in der Beat Poet und der Hippie Szene bekannt. Später verfasste Hübsch unzählige muslimische Lieder und Gedichte, die bisher in drei Sammelbänden erschienen sind und ist einer der bekanntesten deutschsprachiger Dichter für muslimisch-religiöse Lyrik in Deutschland.

  1. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. Januar 2011, siehe: http://www.faz.net/frankfurter-allgemeine-zeitung/rhein-main-zeitung/dichter-und-prediger-1580835.html
  2. Taz, 7. Januar 2011 und HR: http://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/hr_konzerte2168.jsp?rubrik=5980&key=standard_document_43601027
  3. Pressemitteilung der VS vom 5. Januar 2011 (http://www.vs-hessen.de/data/pdf/hadayatullah_huebsch.pdf)
  4. Offizielle Liste aller Publikationen: http://hadayatullah.de/publikationen/
  5. Hadayatullah Hübsch: Die ersten Hundert. Ariel Verlag, 2002.
  6. Verzeichnet in der DNG (https://portal.dnb.de/opac.htm?query=9783930148240&method=simpleSearch)
  7. Landesportal Hessen: http://www.hessen.de/irj/hessen_Internet?rid=HStK_15/hessen_Internet/nav/dea/dea5072f-a961-6401-e76c-d1505eb31b65,4e56098a-9e29-5d21-f012-f31e2389e481,,,11111111-2222-3333-4444-100000005004%26_ic_uCon_zentral=4e56098a-9e29-5d21-f012-f31e2389e481%26overview=true.htm&uid=dea5072f-a961-6401-e76c-d1505eb31b65
  8. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Januar 2011
  9. HR-Dokumentation: http://www.hr-online.de/website/specials/68er/index.jsp?rubrik=35012&xpos=1200&ypos=380&show=7
  10. http://hadayatullah.de/prosa/von-der-liebe-zur-wahrheit/
  11. Junge Welt Ausgabe vom 19. Februar 2011, siehe: https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2011/02-19/005.php
  12. http://www.youtube.com/watch?v=543oihNUnys
  13. http://www.kulturnetz-frankfurt.de/2011/11/poetry-beats-1-poetry-memorial-fur-hadayatullah-hubsch/
  14. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Januar 2011
  15. Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2011
  16. Abseits der Hauptstraßen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Januar 2011
  17. http://www.ariel-verlag.de/html/hadayatullah_hubsch.html
  18. Lyrikzeitung, 11. Februar 2011. http://lyrikzeitung.com/2011/02/11/52-12-nahbell-preis-2011-hadayatullah-hubsch/
  19. http://www.kulturnetz-frankfurt.de/2012/01/beats-und-poetry-1-hadayatullah-hubsch-memorial/
  20. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Januar 2011